Abflussregime und Hochwasser
Das Abflussregime des Alpenrheins wird durch die Schneeschmelze, Hochwasser und die Wasserkraftnutzung geprägt. Die Schneeschmelze führt zu hohen Frühjahrs- und Sommerabflüssen. Die grossen Speicher verlagern einen Teil der Frühjahrs- und Sommerabflüsse in den Winter. Der natürliche Abfluss wird durch tägliche Abflussschwankungen überlagert, die mit der bedarfsgerechten Stromproduktion zusammenhängen.
Die vor allem in den Monaten Juni bis September auftretenden Hochwasserereignisse können durch zwei unterschiedliche Wetterlagen verursacht werden. Bei den grossen Hochwasserereignissen von 1834, 1868, 1927, 1954 und 1987 fielen die Niederschläge vor allem im südlichen Teil des Einzugsgebietes. Hochwasserereignisse mit Niederschlagsschwerpunkt im Norden wie 1910, 1999 oder 2005 sind seltener.
Dammstabilität
Die erforderliche Abflusskapazität ist nicht die einzige massgebende Grösse beim Hochwasserschutz. Ebenso wichtig ist es, dass die Hochwasserdämme bei grossen Abflussmenge nicht ihre Stabilität verlieren und brechen. Die Stabilität der Hochwasser-dämme von Bad Ragaz bis zum Bodensee wurde in den letzten Jahren sukzessive untersucht. Auf der internationalen Strecke wurden diese für eine Abflusskapazität von 3100m3/s (HQ100) gesichert. Auf dem Rheinabschnitt des Fürstentums Liechtenstein und des Kantons St.Gallen sollen in den kommenden Jahren die Hochwasserdämme laufend saniert werden. Die Planungen dazu sind am Laufen.
Im Kanton Graubünden, wo kaum oder nur wenig besiedeltes Gebiet an den Alpenrhein grenzt, werden entsprechend auch nur wenige resp. niedrige Dämme benötigt.
Der Alpenrhein ist nicht im Gleichgewicht
Das Flussbett des Rheins ist nicht stabil. Es hat sich zwischen 1950 und 1974 stellenweise um bis zu 5 m eingetieft. Die Ursachen dafür waren Kiesentnahmen und Flusskorrekturen (Einengung, Begradigung). Durch die Einengung des Rheins hat sich die Geschiebetransportkapazität des Rheins enorm erhöht mit der Folge weiterer Sohleintiefungen.
Aktuelle Simulationen zeigen, dass sich das Flussbett auch in Zukunft verändern wird, wenn auch etwas langsamer. Flussaufwärts von Buchs wird sich der Alpenrhein wie in der Vergangenheit mehrheitlich eintiefen und zwar bis zu 1,4 m in 25 Jahren. Unterhalb der Illmündung sind ebenfalls Sohleintiefungen von bis zu 0,5 m zu erwarten. Von Buchs bis zur Illmündung sowie zwischen Diepoldsau und dem Bodensee werden hingegen Anlandungen von bis zu 1 m prognostiziert.
Mit dem Bau von möglichen Flussaufweitungen entlang des Rhein, z.B. jener in Maienfeld/Bad Ragaz, wird sich die Lage der Rheinsohle und die Transportkapazität des Rheins verändern. Die langfristigen Auswirkungen solcher Projekte auf den Rhein und seiner Umgebung, z.B. die Geschiebetransportkapazität, die Sohlenlage, Hochwasserspiegellage, den Grundwasserspiegel etc. werden im Zuge solcher Projekte detailliert aufgezeigt.
Die Abflusskapazität ist unterschiedlich
Überschreiten Hochwasserereignisse den aktuellen Ausbaustandard, d.h. die Abflusskapazität oder Dammstabilität, so können die Dämme brechen. Im Extremfall kann der Alpenrhein wie 1927, als der rechte Rheindamm bei Schaan brach, durch das Umland abfliessen und zu verheerenden Schäden führen.
Die zum Teil massive Eintiefung in den letzten Jahrzehnten bewirkte vor allem zwischen Sargans und der Illmündung eine sehr grosse Abflusskapazität. In diesem Abschnitt können Hochwassermengen abgeführt werden, welche weit über dem üblichen Ausbaustandard (HQ100) liegen. Auch im Kanton Graubünden ist die Abflusskapazität in der Regel grösser als das HQ100. Die wenigen Gebiete, die trotzdem überflutet würden, sind Naturgebiete ausserhalb von Siedlungsräumen. In der internationalen Rheinstrecke unterhalb der Illmündung ist die Abflusskapazität für das HQ100 gerade noch gewährleistet. Allerdings wird bei einzelnen Brücken das erforderliche Freibord nicht mehr voll erreicht. Das entsprechende Ausbauprojekt ist mit dem Projekt Rhesi in Arbeit.
Grosses Schadenpotenzial vor allem im unteren Rheintal
Der gute Hochwasserschutz im Rheintal hat eine intensive Entwicklung ermöglicht. Allerdings hat damit auch das Schadenpotenzial vor allem im mittleren und unteren Alpenrheintal enorm zugenommen. Bei einem Dammbruch muss mit Schadenssummen von bis zu mehreren Milliarden Euro/Franken gerechnet werden.